Du kennst sicherlich die Situation beim Einkaufen: soll ich jetzt die Biogurke in Plastik verpackt kaufen oder die konventionelle unverpackt? Ähnlich auch beim Obst: kann der Bio-Apfel aus Neuseeland im Dezember wirklich ökologisch sinnvoller sein als der konventionelle aus der Heimat? Sehr oft sind wir mit solchen Entscheidungen konfrontiert und jedes Mal stellen wir uns die Frage: woher soll ich wissen, was richtig ist?! Dieser Artikel soll dir für Lebensmittel eine Entscheidungshilfe sein.
Starten wir zunächst mit dem Preis. Das Problem ist, dass im Preis der Produkte die tatsächlichen Kosten nicht komplett berücksichtigt sind. Die Hersteller*innen kalkulieren ausschließlich die Kosten, die bei der Herstellung tatsächlich anfallen. Kosten, die durch Verringerung der Artenvielfalt durch Monokulturen und Pestizide, Luftverschmutzung beim Transport oder auch durch soziale Folgen, zum Beispiel durch ausgebeutete Kleinbäuer*innen, anfallen, werden nicht berücksichtigt. Diese sogenannten externen Kosten sind beim Preis im Supermarkt nicht sichtbar.
Dr. Tobias Gaugler von der Uni Augsburg hat, im Auftrag von PENNY, die externen Kosten verschiedener Lebensmittel berechnet. Heraus kam, dass zum Beispiel konventionell hergestellte Fleisch- und Wurstwaren fast drei Mal so teuer sein müssten und biologische immerhin mehr als doppelt so teuer. Bei pflanzlichen Lebensmitteln ist der Unterschied zwischen den aktuellen und wahren Preisen sehr viel geringer. So müsste ein konventioneller Apfel 8% und ein biologischer 4% mehr kosten.
In den wahren Preisen werden also alle Kosten berücksichtigt, die anfallen und, die wir eigentlich zahlen müssten. Leider werden diese Kosten aber nicht im Laden angezeigt. Wir brauchen also andere Hilfsmittel, die uns bei der Entscheidung helfen und auch so allgemein sind, dass wir nicht mehr groß nachdenken müssen.
Es gibt einen wichtigen Punkt, der uns die Entscheidung leichter macht: Das Institut für Energie- und Umweltforschung (IfEU) in Heidelberg hat festgestellt, dass es weniger am Produkt selbst liegt, wie umweltfreundlich es ist, sondern daran, wo und wie diese Lebensmittel angebaut und danach transportiert und verpackt wurden. Sie haben dafür die Fußabdrücke von knapp 200 Lebensmitteln berechnet – angefangen beim Anbau bis zum Verkauf.
In der Studie wird bestätigt, dass durchschnittlich frische, saisonale Lebensmittel, die regional angebaut wurden, klimafreundlicher sind, als Lebensmittel, die von Übersee kommen. Meist sind biologische dabei umweltfreundlicher, wobei es bei Fleisch, Milch und Eiern auch Ausnahmen gibt, was am größeren Flächenbedarf liegt. Wenn allerdings neben dem CO2-Fußbadruck noch der geringere Pestizideinsatz, die nachhaltigere Bodenbewirtschaftung und Erhöhung der Artenvielfaltviel einberechnet werden, wird der höhere Flächenbedarf wieder mehr als ausgeglichen.
Martin Haußecker, Biolandbauer in Süddeutschland, sagt dazu:
„Biolebensmittel sind teurer. Das sind sie aus gutem Grund, weil sie wertiger sind. Oft sind sie geschmacklich besser und sie haben weniger Rückstände aber es kommt noch mehr hinzu: Biodiversität, sauberes Grundwasser und das zahlt man ein Stück weit in einem höheren Preis. Wenn man dann diesen Preis nehmen würde und schauen würde, wie hoch die CO2-Belastung pro Euro Lebensmittel ist, dann ist die beim Bio-Anbau sehr viel geringer als beim konventionellen. Das wäre ein wichtiges Kriterium, weil sich für uns die Frage stellt: Wenn ich einen Euro ausgebe, was für einen Klimaschaden verursache ich damit? Von meinem Verdienst kann ich jeden Euro nur einmal ausgeben. Wenn ich einen größeren Anteil an Biolebensmittel ausgebe, dann ist mein Gesamtbduget wesentlich klimafreundlicher investiert, als wenn ich konventionelle Lebensmittel einkaufe.“
Die IfEU-Studie berücksichtigt allerdings nur den Weg des Produkts bis zur Supermarktkasse. Für eine vollständige Berechnung muss auch der Weg vom Supermarkt nach Hause betrachtet werden. Wer in der Regel zu Fuß, dem Rad oder auch dem ÖPNV einkaufen geht, muss sich da keine Gedanken machen. Wer allerdings zum Beispiel mit einem VW Tiguan, auf Platz zwei der meist verkauften SUVs in Deutschland 2019, zum Supermarkt fährt, muss noch einmal 180g CO2 pro Kilometer hinzurechnen (bei einem VW Polo sind es immerhin noch 122g/km). Wer also fünf Kilometer zum Supermarkt fährt und dann nur ein Kilogramm Äpfel aus Neuseeland kauft (0,8kg CO2), verursacht allein durch die Autofahrt mehr Emissionen, als der gesamte Herstellungsprozess und Transport des Apfels vom anderem Ende der Welt.
In diesem Artikel haben wir nun nicht berücksichtigt, was denn mit Lebensmitteln aus Übersee ist. Hier ist es allgemein klimafreundlicher, wenn sie mit dem Schiff geliefert werden. Diese Information haben wir im Supermarkt aber nicht, weshalb wir nicht näher darauf eingehen. Auch die Verpackung der Lebensmittel spielt keine allzu wichtige Rolle. Die CO2-Einsparungen sind sehr gering, beispielsweise beim Unterschied ob ich passierte Tomaten im Glas (1,9kg CO2-Äquivalente pro Kilogramm) oder in der Dose (1,8kg CO2-Äquivalente pro Kilogramm) kaufe. Auf die Unterschiede von verschiedenen Verpackungen, gehen wir in unserer Lektion zum Thema Ernährung in der Zero Waste Academy noch näher ein.
Für Lebensmittel kann man sich also folgende Faustregel merken: frische, saisonale und regional angebaute Produkte können mit gutem Gewissen gekauft werden. Bestenfalls sind diese dann noch biologisch hergestellt. Diese Regel kann dir nun beim nächsten Einkauf als Entscheidungshilfe dienen.
Wo hangelst du dich entlang, wenn es um den Einkauf von klimafreundlichen Lebensmitteln geht?